Wasseraufbereitung auf Bikepackingtouren

Auf Bikepackingtouren in abgelegenen Gebieten bist du auf gutes Trinkwasser angewiesen. Doch welche Form der Wasseraufbereitung bewährt sich im harten Langzeiteinsatz?

Die Basics der Wasseraufbereitung auf Outdoortouren deckt der Beitrag auf www.outdoorseiten.net sehr fundiert und umfassend ab. Wir verzichten hier deshalb auf eine erneute Auflistung, sondern fokussieren uns auf die von uns gemachten Erfahrungen im echten Langzeiteinsatz (mehrere Monate bis Jahre pro Produkt).

  • Chemisch
  • Thermisch
  • Optisch
  • Mechanisch
  • Improvisiert
Silberionen & Chlor

Als uns in der Mongolei unser mechanischer Filter im Stich gelassen hatte, mussten wir uns kurzfristig nach einer Alternative vor Ort umsehen. Dabei haben wir realisiert, wie unglaublich teuer die bisher als Notfall mitgeführten Micropur Tabletten eigentlich sind, kostet doch ein Liter behandeltes Wasser mehr als eine Mineralwasserflasche aus dem Laden. Also sicher keine Option für eine Langzeittour und für budgetbewusste Reisende generell.

Wir haben uns damals für Chlor entschieden, das in den Putzmittelabteilungen der meisten Supermärkte in Tabletten- oder Flüssigform (Haushaltsbleiche / Javel) erhältlich und spottbillig ist. Beim Kauf unbedingt darauf achten, dass es sich um reines Chlor handelt und keine Reinigungsmittel beigemischt sind (Zusammensetzung auf der Packung lesen)!

Bei Flüssigform: Das EPA www.epa.gov empfiehlt 2 Tropfen pro Liter bei 6 oder 8.25% Haushaltsbleiche.

Bei Tablettenform: Laut Aqua Tabs braucht es für eine Trinkwasseraufbereitung je nach Verschmutzungsgrad 2-5mg Chlorine pro Liter www.aquatabs.com Dies stimmt mit der Dosierung von Micropur Forte Tabletten überein (4mg pro Liter). Das Problem ist, dass Tabletten für den Putzbereich natürlich viel mehr Chlor enthalten und man mit einer Tablette z.B. 20 oder 50 Liter Wasser desinfizieren könnte (Dosierung /Zusammensetzung beachten) Wir haben uns deshalb in einem 100ml Glasfläschchen eine, der flüssigen Haushaltbleiche entsprechende Chlorlösung angerührt.

Der Chlorgeschmack hat sich in der Petflasche im Laufe des Tages unter der Sonneneinstrahlung völlig verflüchtigt und das Wasser war gut trinkbar. Trotz einfacher Handhabung, guter Wirksamkeit und niedriger Kosten würden wir Chlor nur als Notfalllösung nutzen, da Chlor zur Trinkwasser Aufbereitung (obwohl weltweit eingesetzt und anerkannt) bei manchen Langzeitstudien gesundheitsschädigende Wirkungen zeigt.

Mit einer Chlorlösung kann man übrigens auch von Zeit zu Zeit mechanische Wasserfilter oder Flaschen durchspülen, damit diese keimfrei bleiben und sich kein Schimmelpilz in ihnen bildet.
Mit Chlor behandeltes Wasser ist nach einer halben Stunde trinkbereit.

Fazit: Gehört als Notfalllösung in jedes Reisegepäck, da klein, billig und zuverlässig. Überall erhältlich.

Abkochen

Für den abendlichen Tee oder das morgendliche Porridge kochen wir das Wasser meist einfach auf unserem Benzinkocher ab. Sind wir in grossen Höhen unterwegs und der Brennstoffnachschub kritisch, filtern wir das Wasser vorgängig, um Benzin zu sparen.

Fazit: Für das Decken des täglichen Wasserverbrauchs nicht geeignet, aber eine gute Option, wenn der Kocher sowieso läuft.

Steri-Pen (UV Licht)

Unsere Steri-Pen Zeit währte nur kurz. Bereits nach einer Woche blinkten die Dioden am Stift fröhlich in grün und rot und wir konnten nie sicher sein, ob die Desinfektion nun funktioniert hatte oder nicht. Wir haben umgehend auf einen mechanischen Filter zurück gewechselt. Wir wissen jedoch auch von Bikepackern, die ihr Wasser monatelang mit ihrem Steripen ohne Probleme aufbereitet haben. Wir hatten wohl einfach Pech. Tatsache ist aber, dass die Aufbereitung per Steripen nicht schneller ist als mit einem modernen mechanischen Filter (Steripen: 90 sec / Liter), zusätzlich führt man ein weiteres elektronisches Gerät mit, das aufgeladen werden muss.

Fazit: Wenn man sich bei der Wasseraufbereitung auf Elektronik verlassen will und die meiste Zeit saubere Wasserquellen zur Verfügung hat, ist dies sicher eine leichte und kompakte Option. Berücksichtigt man das Energie-/Umweltproblem von Batterien, ist ein mit USB aufladbares Modell Pflicht.

Katadyn Pocket (Keramikfilter)

Jahrzehntelang gehörte der Pocket Filter von Katadyn zu unserem Gepäck. Zuverlässig filterte er braunes Wasser aus sudanesischen Rostfässern oder schlammiges Moorwasser in Nordschweden. Ist der Filter verschmutzt, kann die Keramikfilterpatrone mit einem Kratzschwamm abgeschliffen werden und die Druchflussleistung ist wie neu. Das Pumpen braucht etwas Zeit und Kraft, zudem ist der Filter recht schwer, dafür aber fast unzerstörbar. Die Patrone hat eine Filterleistung von bis zu 50‘000 Litern und reicht damit auch für die ganz lange Tour, ohne dass man sich Sorgen um einen Ersatz machen muss.

Fazit: Ein sehr zuverlässiger, fast unzerstörbarer Filter, der ewig hält und auf den Liter Wasser gerechnet sehr kostengünstig ist. Wegen dem Gewicht und der langsamen Pumptechnik kommt dieser Filter bei uns nicht mehr zum Einsatz.

Katadyn BeFree (Squezze Filter)

Klein, superleicht und handlich. Zudem war die Durchflussrate bei den ersten zehn Liter mit dem BeFree fantastisch. Doch danach ging es mit der Duchflussrate rasch abwärts. Knapp sechshundert Liter aus meist klaren Wasserquellen konnten wir mit ihm filtern, danach war er endgültig verstopft. Preis und Leistung stehen in keinem Verhältnis und bei kühlerem Wetter holt man sich blaue Finger beim Pressen des aus dünnem TPU bestehenden Flasks. Der Filter kann nur auf dieses spezielle, viel zu kleine Flask aufgesetzt werden. Wenn es reisst (ist bei uns passiert), ist es aus mit Filtern…

Fazit: Für Einzelpersonen und Tagestouren in warmem Wetter prima, aber nicht für den Langzeiteinsatz geeignet.

Swayer / Careplus (Squeeze Filter)

Die Angabe der Durchflussmenge auf dem Filter (375’000 Liter :-) ist ein Witz! Der Filter taugt für ca. tausend Liter, danach nützt auch das Rückspülen mit der Spritze nichts mehr. Er ist jedoch superklein, leicht und im Vergleich zu ähnlichen Produkten preiswert. Man kann also einfach Ersatz mitführen. Falls der Squeezebeutel reisst, passt der Swayer auf jede Petflasche. Von der Durchflussrate bzw. dem Kraftaufwand spielt er etwa im gleichen Segment wie ein Keramik Pumpfilter. Der Filter ist nicht bruch- und gefriersicher.

Fazit: Billiger, superkleiner Filter für mittellange Touren (oder bei entsprechender Planung von Ersatz auch für die lange Tour). Kurze Lebensdauer, erheblicher Zeit- / Kraftaufwand pro Liter.

Katadyn Gravity Basecamp (Gravity Filter)

Der Katadyn Gravity Basecamp Filter war für uns eine Offenbarung: Kein anstrengendes Filtern mehr, sondern das Wasser filtert sich dank Schwerkraft quasi von selbst. Aus unserer Sicht bedeutet das Konzept der neuen Gravity Filter den Tod für alle Pump- oder Pressfilter. Die Durchflussrate nimmt mit der Zeit ab, er hält ca. ein halbes Jahr im Dauereinsatz (für zwei Personen). Da der Filter im Wassersack drin ist, also nass bleibt, muss er regelmässig getrocknet und mit einer Chlorlösung gespült werden, damit sich (vor allem in feuchtheissem Klima) nicht Schimmel bildet.

Fazit: Ein Filter mit hoher Durchflussrate, simpel, leicht und gut verpackbar. Verlangt Pflege, um der Geruchs- und Schimmelbildung entgegen zu wirken. Dank des Membranfilters steckt er auch mal einen Schlag weg. Relativ kurze Lebenszeit.

MSR Autoflow (Gravity Filter)

Nach unserer Erfahrung mit dem Gravity Camp Filter von Katadyn war für uns klar, dass kein anderes Modell mehr in Frage kommt. Auch der MSR Autoflow filtert bisher zuverlässig und lässt sich im Gegensatz zum Modell von Katadyn rückspülen. Die Empfehlung einer Rückspülung nach acht Litern gefiltertem Wasser ist aber im täglichen Einsatz ein bisschen realitätsfremd. Der Durchfluss hat bereits merklich nachgelassen und wir finden das Handling mit dem ausserhalb des Wassersacks frei hängenden Filters nicht so praktisch wie beim Katadyn. Der Filter ist nicht bruch- und gefriersicher.

Fazit: Ein guter Filter, leicht, relativ kompakt, aber für uns nicht so praktisch im Handling. Ein Fallenlassen kann den Hohlfaserfilter zerstören, ohne dass man es sicher weiss.

Achtung: Alle mechanischen Filter reagieren empfindlich auf extreme Kälte. Wasser in den Filterpatronen kann gefrieren und das Eis den Filter sprengen. Wasserfilter gehören daher bei Minustemperaturen in den Schlafsack!

Socke & Co.

Wer hat nicht schon gehört, dass sich stark verschmutztes Wasser mit einer Socke vorfiltern lässt? Wer diesen Tipp gibt, hat es noch nie ausprobiert. Die Textilstruktur ist viel zu grob, als dass da irgendwelches Wasser vorgefiltert würde. Und ein Kaffeefilter bringt es nicht, da dieser A nicht immer vorhanden ist, und B schon nach einem halben Liter durchtröpfeln ausgewechselt werden muss… Ist Wasser so dreckig, dass wir fürchten unseren Wasserfilter damit zu ruinieren, lassen wir es im Wassersack des MSR Autoflow bzw. Katadyn Gravity Camp über Nacht hängen, so dass Dreckpartikel absinken. Die Filter sind so konzipiert, dass der Ausfluss oberhalb des Bodens liegt, so dass das Restwasser mit den abgesetzten Schwebeteilen nicht durch den Filter läuft. Hat man wenig Zeit, hilft nur Chlor: Chlor ist die einzige Wasserentkeimung (ausser Abkochen), die auch in trübem Wasser funktioniert (höher dosieren und länger wirken lassen).

In Ländern mit grosser Umweltverschmutzung (China, Indien,...) leisten wir uns Mineralwasser, da keine der oben aufgeführten Behandlungsmethoden Chemikalien aus dem Wasser herauslösen kann.

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