Der Altay, eine der wildesten Gebirgsregionen der Welt, liegt im Vierländereck Mongolei, China, Russland und Kasachstan. Die Nähe zu den Grenzen bringt ein paar logistische Schwierigkeiten mit sich und ist wahrscheinlich mit ein Grund, dass dieser wunderschöne Flecken noch kaum auf dem Radar westlicher Touristen erscheint. Für den Besuch braucht es Sonderbewilligungen, die zwei Monate im Voraus beantragt werden müssen und im bekannten Tavan Bogd Nationalpark in der Nordwestmongolei besteht seit 2014 sogar eine Führerpflicht. Für uns Gründe, eine neue Bikepackingroute zu entwickeln, die die schönsten Gebiete des Mongolischen und Russischen Altays verbindet, mit möglichst wenig Bürokratie auskommt und den Tavan Bogd ausklammert. Entstanden ist der Altay Quest: Eine Bikepackingstrecke, welche zwei Nationalparks und ein UNESCO Weltnaturerbe durchquert, uralten Migrationsrouten der Khoton Nomaden folgt und dich auf das mystische Ukok Plateau führt - den Legenden zufolge das Nordtor zum Paradies „Shambala“. Der Altay Quest ist eine anstrengende und herausfordernde Route, mit steilen Pisten, kaum gebrauchten double tracks und zwei weglosen hike-a-bike Pässen. Doch er ist auch eine der faszinierendsten Strecken, die wir je gefahren sind.
Möglicher Tourverlauf
Das Routenset besteht aus zwei Loops und einer Einweg Strecke, welche durch den Russisch-Mongolischen Grenzübergang bei Tashanta verbunden wird. Im Prinzip kann man die beiden Loops als Einzelstrecken fahren, oder die Teilstücke nach Belieben kombinieren. Falls du aber eine sinnvolle zusammenhängende Route möchtest, schlagen wir dir folgende Reihenfolge vor: Anreise per Zug oder Flugzeug nach Barnaul in Russland, Busfahrt nach Gorno Altaisk, einrollen auf dem Chuisky Trakt oder der Verbindung über den Teleskoje See (Fähre mit unregelmässigem Fahrplan) und das Chulyshman Tal bis Kosh Agach (diese Anfahrten findest du auf jeder Karte).
Dort nimmst du deine Grenzbewilligungen in Empfang und fährst den Ukok Loop. Von Kosh Agach geht es über die Hauptstrasse nach Ölgii in die Mongolei. Den Grenzübergang kannst du auch im Bus zurücklegen, wenn du Zeit sparen willst. Von Ölgii fährst du den Altay Loop entlang des Bulgan Tales nach Khovd und von Khovd durch den Tsambagaraav Nationalpark zurück nach Ölgii. Der krönende Abschluss bildet die Strecke Ölgii - Ulangoom durch die Kharkhiraa Mountains. Von Ulangoom kannst du per Inlandflug Ulan Bator, die Hauptstadt der Mongolei erreichen, oder du querst das Land auf der konventionellen Nord- bzw. unserer Zentralroute. Beachte, dass die auf vielen Karten eingezeichnete direkte Verbindung von Ulangoom zur russischen Grenze wegen fehlenden Brücken unpassierbar ist.
- Ukok Loop
- Altay Loop
- Kharkhiraa Mountains
561 km
9 Fahrtage
6642 m
80% offroad
In Koch-Agach holst du dir dein Borderpermit (s. Abschnitt Logistik) beim Militär ab und startest damit den ersten Teil des Altay Quest. Über den „alten“ Tiopla Kljutsch Pass fährst du aufs Ukok Plateau. Das Ukok Plateau gilt als nördlicher Eingang zum verlorenen Königreich von Shambala und ist für die einheimischen Tuwa und Kasachen auch heute noch ein Kraftort - und wenn du im Herbst durch das golden leuchtende Steppengras fährst, mit seinem Labyrinth aus Bachläufen und Flüssen, die nördliche Seite des vergletscherten Tavan Bogd Massivs am Horizont siehst, kannst du auch problemlos nachvollziehen warum. Ein paar Hütten von kasachischen Winterlagern und ein einsamer Militärcheckpoint sind die einzigen Zeichen von Zivilisation. Über zwei steile Pässe und mit einem fantastischen Downhill erreichst du das Argut Tal und den kleinen Ort Beljashi/Djazator.
Wenn du genug Zeit hast, kannst du von hier dem Argut Fluss auf einer ruppigen Piste bis zum kleinen Ort des gleichen Namens folgen. Die Bergwelt ist beeindruckend und es würde uns erstaunen, wenn du am Ende dieser Strasse wirklich Lust zur Umkehr verspürst. Doch der Trekkingpfad über drei hohe Pässe nach Tyungur und dem Mt. Belucha ist mit dem Bike nicht machbar. Wir haben es probiert: Es war uns unmöglich, Pferde für den Transport in Argut zu finden und nach zwölf Kilometern schieben und tragen durch total verblocktes Gelände mussten wir aufgeben. Das gleiche gilt für den Karagemski Pass, der dich zurück nach Koch-Agach führen könnte. Möchtest du diese Optionen ausprobieren, musst du die Pferde bereits im Tour Baze in Beljashi/Djazator mieten, ansonsten ist der Abstecher eine Sackgasse. Landschaftlich fantastisch und ein starker Kontrast zur vorherigen Plateaulandschaft und aus unserer Sicht aber sehr lohnenswert. Von Beljashi fährst du auf einer guten Piste durch eine Hochmoorlandschaft und über einen Pass zurück nach Koch-Agach. Die letzten siebzig Kilometer kennst du schon, aber es gibt schlimmere Aussichten, als diese landschaftlich schöne Strecke doppelt zu fahren - und es geht abwärts.
577 km
9 Fahrtage
7647 m
95% offroad
Den zweiten Teil des Altay Quests nimmst du nach dem russisch-mongolischen Grenzübergang in der Aimag Hauptstadt Bayan Ölgii in Angriff. Entlang des ariden Bulgan Tals erreichst du über mehrere Pässe auf guter Erdpiste die Stadt Khovd, die an den südlichen Ausläufern des Altays liegt. Die Umgebung ist wüstenhaft, mit roten Felsen und karger Vegetation. Von Khovd geht es auf der sandigen Hauptpiste bis zum Strassenarbeiter Camp bei Khongor, wo du auf eine kaum gebrauchte Spur abzweigst, die direkt ein trockenes Flussbett hochgeht. Fast sechshundert Höhenmeter in nur sechs Kilometern: Schieben garantiert. Hast du einmal den ersten Pass erreicht, wechseln sich fahrbare Abschnitte mit steinigen, steilen Schiebepassagen ab.
Die Fahrspur führt am Fuss des Tsambagaraav Massivs entlang und quert dabei jeden vom Gletscher herunter kommenden Bach. Sei vorsichtig, einige der Furten sind nicht ganz ohne - behalte im Zweifelsfall deine Schuhe an, um besseren Halt in der Strömung zu haben. Nach einem letzten steilen Anstieg erreichst du ein Hochtal voller Jurten, ganz nah am vergletscherten Gipfel des Tsambagaraavs. Die Lichtspiele und Farbverläufe zwischen Braun und Grün sind unglaublich und der kurz darauf folgende Tausendmeter-Downhill auf einer seidenfeinen Piste hinunter in die Wüste perfekt. Die verbleibende Strecke bis Ölgi zieht sich in die Länge, die Piste ist schlecht und der Wind bläst direkt aus Nordwesten. Doch in der Aimag Hauptstadt warten Dusche, Hotel und Supermarkt auf dich. Der zweite Loop des Altay Quests ist geschafft.
Möchtest du den Loop kürzen, kannst du bei Tolbo auch der Hauptstrasse weiter nach Osten folgen und so Khongor direkt erreichen.
284 km
5 Fahrtage
3093 m
100% offroad
Du verlässt die Aimag Stadt Bayan Ölgii in nordwestlicher Richtung und fährst zuerst durch den sehr schönen Hovd Canyon und über einen kleinen Pass zum Archit Nuur See. Auf der alten Holzbrücke querst du den Ausfluss des Sees und verlässt danach die Hauptstrasse nach Ulangoom, indem du nach Westen abbiegst. Pass auf, dass du die kaum benutzte Fahrspur nicht verpasst! Der folgende Abschnitt ist sehr sandig. Dies ändert sich erst, wenn du den Anstieg zum Khar Davaa erreichst. Die Piste wird fester und ist für kurze Zeit gut fahrbar, bevor dich die Steilheit erneut aus dem Sattel zwingt. Von der Passhöhe hast du einen fantastischen Blick auf die vor dir liegende Bergkette des Kharkhiraa und Türgen Uul und zurück zum Archit Nuur. Nach dem Pass fährst du erneut durch ein Hochtal mit Jurten der Khoton Nomaden. Die Menschen sind neugierig und freundlich, laden dich schon mal zu Buttertee und Käse ein, das Leben scheint hier idyllisch und intakt - so wie man sich die Mongolei vorstellt, und wie man sie immer weniger findet.
Auf einer tollen Piste fährst du weiter Richtung Berge und näherst dich damit dem Kharkhiraa Davaa, einem 2900m hohen Pass, der dich direkt zwischen den beiden vergletscherten Bergriesen hindurchführt. Ein Hammerpass, doch leider sind die letzten sieben Kilometer weglos und sehr fordernd. Im nächsten Tal startet ein Motorradtrail, der dich durch die Schlucht direkt nach Kharkhiraa Sum / Tarlian und Ulangoom führen sollte. Uns war dieser Weg wegen Hochwasser versperrt. Wir denken, dass dies eher die Regel ist, als die Ausnahme. Erkundige dich auf jeden Fall in der ersten Jurte nach dem Wasserstand und nimm genug Proviant für den Umweg mit. Dieser führt über einen weiteren weglosen Pass steil hinauf auf die Hochebene, welche du vom Kharkhiraa Pass aus gesehen hast. Dort erreichst du eine gute Piste, die dich über die Kohlemine Khar Tarvagatain Uurkhai zur Hauptstrasse nach Ulangoom führt. Ulangoom ist eine kleine Stadt mit guter Infrastruktur und einem Flughafen und das Ende des Altay Quests.
Infrastruktur / Logistik
Für den Ukok Loop in Russland hat es Läden und Unterkünfte in Koch Agach, Beljashi/Djazator und Tashanta. Argut ist eine Bauernkomune und es hat keinen Shop. In Koch Agach gibt es auch einen ATM. Für den Besuch des russichen Altays brauchst du ein Borderpermit („probusk“), das datumsgenau auf deinen Namen ausgestellt wird, auf der die gewünschten Zonen (Ukok, Mt. Belucha) eingetragen sind und das du zwei Monate(!) im Voraus beantragen musst. Du musst bei der Beantragung noch nicht im Besitz des Russischen Visas sein. Uns hat Andrey von www.travel-altai.com dabei geholfen und alles hat bestens geklappt (50 Euro pro Permit). Es hat drei Checkpoints auf der Route und die Beamten nehmen ihre Arbeit genau. Der erste Checkpoint ist bereits nach der Ebene von Koch Agach (vor dem ersten Anstieg). Weitere Checkpoints hat es auf dem Ukok Plateau selber und in Beljashi (s. Waypoints). Registriere dich in Beljashi freiwillig auf dem Militärposten, falls der Checkpoint an der Strasse nicht besetzt ist. Du ersparst dir damit Ärger. Und bitte: Halte dich genau an die Regeln, damit das Russische Militär auch in Zukunft individuell Reisende diese Region ohne Führer besuchen lässt! Die Anfahrt über den Chuiski Trakt oder die Route über den Teleskoje See brauchen kein Permit.
Die Strecken in der Mongolei sind ohne gesetzliche Restriktionen / Permits fahrbar. Hotels, Läden und ATMs gibt es in den Aimag Hauptstädten Ölgii, Khovd und Ulangoom. Bei der Brücke am Archit Nuur und an der Kreuzung zur Hauptstrasse nach Ulangoom hat es zusätzlich ein Guanz, eine mongolische Raststätte, wo du im Notfall essen kannst.
Ausserhalb der genannten Orte ist Zelten angesagt. Proviant trägst du für maximal fünf Tage mit dir, Wasser findest du auf dem Ukok Loop fast überall in guter Qualität, in der Mongolei haben wir die Wasserstellen im gpx Track vermerkt. Das Wasser sollte zumindest in der Mongolei behandelt werden (Chlor oder Filter).
Wir sind den Altay Quest zwischen Mitte August und Ende September gefahren und haben diese Monate (abgesehen vom Hochwasser im Kharkhiraa Tal) als perfekt erlebt. Die sommerlichen Gewitter waren bereits mehrheitlich vorbei, die Mücken grösstenteils tot und die Herbstfarben hielten Einzug. Wir würden das Ukok Plateau auf keinen Fall früher im Jahr besuchen (Sibirische Sumpflandschaft = Mückenplage). Ab Mitte Oktober kann es zuschneien. Das ideale Zeitfenster für den Altay Quest ist damit relativ klein. Checke das Wetter vorgängig sorgfältig, du bist im Hochgebirge unterwegs.
Für die Navigation empfehlen wir dir die Nutzung unseres GPS Tracks sowie die App Sovjet Military Maps, da die meisten Strecken auf openstreetmap nicht verzeichnet sind.
Anforderungen
Viele Höhenmeter, schlechte Pisten, kaum Versorgungsmöglichkeiten, zwei weglose Pässe, harsches Klima, Einsamkeit. Der Altay Quest ist ein richtiges Bikepackingabenteuer. Du brauchst eine ausreichende Kondition, eine gute Portion Durchhaltewillen und Erfahrung in der Proviantplanung und Navigation. Weder in der Mongolei noch in Russland wird viel Englisch gesprochen. Ein russischer Grundwortschatz ist sicher hilfreich. Wagst du dich an den Altay Quest, wirst du mit einer unglaublich abwechslungsreichen Route voller Highlights belohnt, die dich von türkisfarbenen Flüssen, tiefen Tälern und der bewaldeten Taiga Landschaft Sibiriens zu vergletscherten Bergriesen und weiten Hochplateaus in das Nomadenland der Mongolei führt.
Diese Route ist nur mit einem leichten Bikepacking Set-up machbar. Ein Rucksack, um das Gepäck während der zwei weglosen Hike-a-bike Abschnitte am Rücken tragen zu können, ist dringend empfohlen.
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