Kurz vor Mitternacht, 21. Oktober: Wir stehen in der Abflughalle des Flughafens Antananarivo, Madagaskar, verabschieden fünf glückliche Entdeckungsreisende, denen wir im vergangenen Monat unser "persönliches Madagaskar" gezeigt haben. Eine tolle Gruppe, wunderbare Erinnerungen, Begegnungen, Erlebnisse. Ein Mosaikstein in unserer eigenen Madagaskar Reisegeschichte, welche uns seit mehr als fünfzehn Jahren immer wieder auf die Insel am südlichen Ende Afrikas führt. Ja, beinahe ein Jahr haben wir auf Madagaskar verbracht, seit wir als Reisegreenhorns das erste Mal hier gelandet sind. Inzwischen kennen wir das Land gut. Wir lieben Leute und Natur, Menschen hier sind zu unseren Freunden geworden und wir kommen nicht mehr ins Schwitzen, wenn Air Madagascar zwei Tage vor der Ankunft unserer Gäste wieder einmal alle Flüge auf die Masoala Halbinsel streicht.
Fünf Reisende stehen also nun am Flughafen, bereit nach Hause in die Schweiz zu fliegen. Am Anfang waren es acht. Nein, es ist uns niemand davongelaufen, und nein, niemand ist an der Pest erkrankt und musste die Gruppe verlassen - individuelle Reisewünsche und kürzere Ferien haben zum personellen "Verlust" geführt. Ach ja, die Pest: Wir danken herzlich für all die besorgten Whats App Anfragen in den letzten Tagen. Und wir können euch beruhigen: Sie waren überflüssig. Echt? Ja, wirklich!
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Madagaskar ist faszinierend. Eine einzigartige Tierwelt, ein spannendes Kulturengemisch aus Afrika, Asien und dem arabischen Raum, eine Welt voller Überraschungen, Eindrücke und Abenteuer. Doch Madagaskar ist trotzdem nicht das Paradies. Es ist eines der ärmsten Länder der Welt. 80% der Menschen leben von weniger als zwei Euro am Tag. Mangelnde Bildung, fehlende Gesundheitsversorgung, Korruption im grossen Stil. Auch das ist eine Seite Madagaskars - und die Welt sollte darüber reden. Doch was zur Zeit in den Weltmedien über Madagaskar steht, sind Schreckensmeldungen zur Pest. Wichtig? Vielleicht - aber vielmehr leiden unter dieser Panikoffensive die Menschen hier, vor allem diejenigen, welche ihren Lebensunterhalt mit den Touristen verdienen oder indirekt von ihnen profitieren. Denn diese bleiben natürlich wieder vermehrt aus und einmal mehr sackt die Regierung Hilfsgelder ein, welche die Betroffenen nie erreichen. Die Pest? Ja, es gibt sie und Menschen hier sterben daran. Doch für Touristen ist sie "kaum ein Risiko" (WHO, Oktober 2017). What else?
- Die Pest kommt nicht nur auf Madagaskar vor, sondern in insgesamt 21 Ländern, darunter viele Länder Zentral- und Südostasiens, Zentral- und Südafrikas, Südamerikas, in Mexiko und den USA (Quelle WHO). Die höchsten Inzidenzien liegen neben Madagaskar in Tansania, Vietnam, Myanmar, Indien und Peru. Pest lässt sich heute mit Antibiotika behandeln.
- In Madagaskar sind laut NZZ vom 17.10. 2017 bisher 805 Personen an Pest erkrankt, und 74 Personen gestorben. Zum Vergleich (Quelle BAG): In der Schweiz sterben pro Jahr bis zu 1500 Menschen an der Grippe. Die schlimmsten Pandemien in der Geschichte gingen nicht von der Pest aus, sondern von Grippeviren.
- 2016 verursachte eine Dürre im Süden Madagaskars, verstärkt durch den Klimawandel und den starken El Nino für 1’400’000 Madagassen eine Lebensmittelknappheit. Diese Menschen kämpfen nun in diesem Jahr gegen den Hunger. Geschätzte 850’000 wären auf unmittelbare humanitäre Hilfe angewiesen (WFP / Times). Beinahe niemand spricht davon.
Einmal mehr erleben wir als (Welt)Reisende die Macht der Medien. Ängste werden geschürt, Vorurteile und Klischees aufgebaut und Informationsschwerpunkte gelegt, ohne dabei an die Folgen zu denken. Schade, denn die Welt ist abseits der Schlagzeilen oftmals ein Ort voller Lebensfreude und Wunder, die es zu entdecken lohnt.
Auf unserer Gruppenreise haben wir viel über Armut, Glück, Hoffnungen und Lebenseinstellungen philosophiert. Themen, die eine authentische Madagaskarreise aus unserer Sicht begleiten sollen. Als wir am letzten Tag vom Regenwald Richtung Hauptstadt Antananarivo gefahren sind, als uns Menschen von der Strasse lachend und voller Herzlichkeit zugewunken haben, ohne Neid auf die tollen Jeeps und die zweifellos im Vergleich reichen "Vazahas", die darin sassen, waren wir uns einig: Madagaskar ist eine Reise wert. Nicht nur wegen den Tieren, den Traumstränden oder faszinierenden Landschaften. Sondern auch und ganz besonders wegen den Menschen. Sie haben unsere Bewunderung, Aufmerksamkeit und Unterstützung verdient. Jenseits von der einseitigen Pest Berichterstattung in einer internationalen Newsflaute.
Mehr über unsere geführte Madagaskarreise erfahren:
Madagaskar Reisebericht 2016
Gruppenreise 2018
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